Meine 2. Eisenbahnreise führte mich im Juli 2019 in den Norden von Schweden über den Polarkreis hinaus mit Abstechern nach Narvik und Trondheim. Am 22.Juli um 18.11 Uhr in Stockholm Central begann die Reise mit dem Nachtzug 94 nach Narvik mit einer Wagengruppe nach Luleå. Der zirka 10 Wagen umfassende Zug wurde leider nicht rechtzeitig bereitgestellt.

Wagenstands Anzeiger wie bei uns üblich habe ich keine gefunden und auch die Anzeige am Bahnsteig war für mich nicht schlüssig, wo sich mein Wagen 10 im Zugsverband befand. Also stellte ich mich in der Mitte des langen Bahnsteiges auf. Mein Wagen war der Zweite hinter der Lokomotive.  Mit ungefähr 10 Minuten Verspätung erfolgte die Abfahrt. Ich hatte im Liegewagen ein 3 Personen Abteil für mich allein (gegen Aufpreis) gebucht. Der erste Halt erfolgte in der Tunnelhaltestelle des Stockholmer Flughafens Arlanda. Näher an den Empfangsgebäuden des Flughafen liegt ebenfalls im Untergrund die Station des Arlanda Expresses, einer Schnellverbindung zwischen Flughafen und Zentrum von Stockholm. Über Uppsala erreichten wir in Gävle wieder die Ostsee. Der Sonnenschein in Stockholm hatte sich inzwischen in starke Bewölkung mit einzelnen Regenschauern geändert. Die Strecke verläuft hier durch typisch schwedische Landschaft mit einzelnen Bauernhöfen und Wäldern. Bis Sundsvall erreicht die Strecke nur an den Haltestationen Söderham und Hundiksvall die Ostsee. Nach Sundsvall mit einer planmäßigen Abfahrtszeit um 22.48 Uhr richtete ich mein Bett her, um die weiter Fahrt im Schlaf zurück zu legen. Allerdings war gerade hinter Sundsvall die Strecke sehr kurvenreich, mit lauten Tunneldurchfahrten, so dass es einige Zeit brauchte, bis mich die Geräusche in den Schlaf brachten. Die folgenden 7 Halte nahm ich nicht wahr.

Erst  beim Halt in Boden wurde ich wohl durch die Stille des längeren Aufenthalts geweckt. Hier wurde nämlich der Zugteil nach Luleå abgehängt. Ob der Zug hier planmäßig um 6.00 Uhr abfuhr, habe ich nicht mehr mitbekommen. Im Schlaf überquerte der Zug den Polarkreis. 3 Stationen weiter in Gällivare (363 m) war es immerhin schon 8 Uhr, und ich beschloss, aufzustehen. Draußen schien die Sonne. Während Birken- und Fichtenwälder vorbeizogen, machte ich mich auf den Weg zum Speisewagen, um mir ein Frühstück zu besorgen. Da sich dieser am Ende des Zuges befand, musste ich fast den ganzen Zug durchqueren. Da dort alle Plätze belegt waren, nahm ich das Frühstück mit in mein Abteil. Vor Kiruna (579 m) wurden die Fichtenbestände immer weniger. Es blieben die Birken, deren Wuchs auch immer kümmerlicher wurde. Bei der Annäherung auf Kiruna wurden riesige Abraumhalden sichtbar, die wir in einem großen Bogen umfuhren. Bei der Einfahrt in den Bahnhof kamen wir an einer Werkstatt vorbei, wo eine IORE Lok stand. Kiruna ist für den Personenverkehr ein Kopfbahnhof. Damit musste unsere Lokomotive an das andere Ende des Zugs wechseln.  Hier leerte sich der Zug auch merklich und mir passierte  das Missgeschick, dass ich mich aus meinem Abteil aussperrte. Zum Glück fand ich auf dem Bahnsteig den Schaffner, der mir wieder aussperrte. Unser Zug verließ Kiruna pünktlich um 09.29 Uhr. Grundsätzlich ist zu sagen, dass man merkt, dass die Strecke zwischen Luleå und Narvik wegen der schweren Erzzüge gut ausgebaut ist. Die Strecke wurde übrigens 1903 eröffnet und ist seit 1913 durchgehend elektrifiziert.

Nach Kiruna steigt die Strecke noch kurz an, bevor sie sich langsam wieder absenkt.  Später kreuzten wir an einem  Bahnhof den ersten Erzzug. An dem nächsten für Touristen interessanten Ort, Abisko, waren wir auf 385 m herabgesunken. Unser Zug war flott unterwegs und hatte einen entspannten Fahrplan, was dazu führte, dass wir in Vassijaure über eine Viertelstunde auf den zweiten Personenzug auf dieser Strecke (Luleå – Narvik und zurück) warten mussten. Bis zum norwegisch-schwedischen Grenzbahnhof Riksgränsen steigt die Strecke nochmals auf über 500 m an. Die Abfahrt um 12.06 Uhr war fast pünktlich.  Danach hat die Bahnstrecke den Charakter einer Gebirgsbahn mit Tunneln,  Schneegalerien und Brücken. Sie schmiegt sich an den Berghang, durchquert abenteuerliches Gelände bis sich schließlich  erste Blick auf den tief unten liegenden Rombaksfjord, dem innersten Seitenarm des Ofotfjord ergab. Die Strecke folgt nun stetig fallend diesem Fjord bis Narvik.  Der Fjord erreichte Berühmtheit, weil im April 1940  am östlichen Ende 4 deutsche Zerstörer bei der Abwehr eines britischen Angriffs auf Grund gesetzt wurden. An der Einmünden des Rombaksfjords in den Ofotfjord befindet sich eine riesige Hängebrücke, die 2017 in Betrieb ging. Unser Zug erreichte Narvik pünktlich um 12.54 Uhr.

Das Wetter hatte sich je näher wir Narvik kamen eingetrübt. Ich wollte mich zum Mittagessen in Richtung Stadt begeben, mein mitgeführter Koffer und die immer dunkler werdenden Wolken veranlassten mich aber nicht länger nach einem Restaurant mit Fischgerichten zu suchen, sondern  in der Nähe des Bahnhofs eine Pizzeria aufzusuchen. Nach dem Mittagessen warf ich auf einer Brücke an der westlichen Bahnhofsausfahrt noch einen Blick auf die Abstellgruppe des Personenverkehrs. Daneben führen die Gleise zur Erzverladung im Hafen vorbei. Einsetzender Regen bewogen mich zum Bahnhof zurückzukehren.

Das Zugangebot in Narvik ist überschaubar. Ganzjährig gibt es meinen Nachtzug nach Stockholm, dazu kommt noch das oben schon erwähnte Zugpaar nach Luleå.  Im Juli bis 21. September gibt es eine Früh- und eine Abendverbindung von Kiruna, der aber zurück nur eine Abendverbindung gegenüber steht.

Während noch eine leere LKAB Garnitur Richtung Schweden fuhr, wurde auch schon mein Zug zurück bereitgestellt. Es handelte sich dabei um die Rückleistung des Nachtzuges nach Stockholm mit einer planmäßigen Ankunft dort um 09.45 Uhr am nächsten Tag. Mein Platz befand sich jetzt in einem Sitzwagen, leider auf der Bergseite Richtung Schweden. Der Wagen war gut besetzt und die Abfahrt erfolgte pünktlich gm 15.15 Uhr. Je weiter wir uns von der Küste entfernten besserte sich das Wetter. Unterwegs kreuzten wir mehrere Erzzüge. In den Stationen Abisko und Kiruna stiegen noch etliche Leute zu, so dass ab Kiruna der Wagen sehr gut besetzt war. Wegen des entspannten Fahrplans erreichten wir meine heutige Endstation Gällivare pünktlich um 19.51 Uhr.

Mein Hotel, das Quality Hotel Lapland, befand sich gleich gegenüber dem Bahnhof. Der Name versprach nicht zu viel. Das Zimmer und das Bad, allerdings nur mit Dusche, waren groß, und es gab ein umfangreichen Wellness Angebot inklusive im Sommer einem Pool auf dem Dach. Das braucht man aber wohl auch in den langen Winternächten, und es hat auch seinen Preis, fast € 200,- pro Nacht mit Frühstück. Der Preis des Abendessens war dafür angemessen. Da es nur eine Speisekarte auf schwedisch gab, und ich nirgends des Begriff Fisk fand, wählte ich ein Risotto mit Schwammerl, wie sich später herausstellte, und genoss das Abendessen mit einem Glas Bier in angenehmer Abendsonne. Danach ging es in eine kurze Nacht. 

Am Mittwoch, den 24. Juli stand die Fahrt mit der Inlandsbahn (Inlandsbanan) von Gällivare nördlich des Polarkreises nach Östersund in der Mitte Schwedens auf dem Programm. Wie der Name schon andeutet, verläuft die Strecke der Inlandsbahn fast immer in der Mitte zwischen Ostseeküste und der norwegischen Grenze. Bei der Erbauung spielten neben der Erschließung des wenig bewohnten Landes daher auch militärische Überlegungen eine Rollen. Heute betreibt sie 3 Streckenabschnitte, die aneinander gereiht von Gällivare bis Kristinehamn am See Vänern. Die Streckenlänge beträgt 1288 km. Der südlichse Abschnitt von Kristienhamn nach Mora (297 km)wurde zwischen 1873 und 1891, der mittlere zwischen Mora und Östersund (321 km)zwischen 1892 und 1922 und nördliche zwischen Östersund und Gällivare (746 km) zwischen 1911 und 1937 erbaut, wobei hier nicht planmäßig von Norden nach Süden oder umgekehrt gebaut wurde. Ihre größte wirtschaftliche Bedeutung erreichte sie im 2. Weltkrieg, als das neutrale Schweden Deutschland erlaubte, Truppen und Material auf diesen Strecken zu transportieren. Heute findet der Personenverkehr auf allen Strecken nur in den Sommermonaten (Sommerferien) statt. Gefahren wird mit einem oder zwei Triebwagen Y1, die aber 2020 laut Eisenbahnpresse durch neuere gebrauchte Fahrzeuge ersetzt werden. Der Güterverkehr spielt nur noch  im Südteil eine geringe Rolle.

Da die Abfahrt des Zuges um 07.48 Uhr angesetzt war und das Frühstücksbuffet ab 06.30 Uhr geöffnet war, konnte ich in Ruhe frühstücken. Am Bahnhof stand schon der Triebwagen bereit, musste aber noch an den Bahnsteig rangieren. Pünktlich ging bei herrlichem Sonnenschein zuerst zirka 1 km auf der Strecke Richtung Kiruna los. Dann bogen wir links ab in eine Landschaft aus Birkenwälder, Wiesen, Hochmooren und immer wieder Seen.  Die mitreisende Reiseleiterin versorgte uns mit Informationen in Schwedisch und Englisch. Außerdem gab es während der ganzen Fahrt die Möglichkeit, dem Triebwagenführer bei seiner Arbeit über die Schulter zu schauen. Unser Zug war zu etwa 2/3 besetzt.

Während Gällivare auf 395 m liegt, ist Östersund nur nach 296 m hoch. Dazwischen müssen die zahlreichen zur Ostsee fließenden Flüsse überquert werden. So ergibt sich doch eine gewisse Berg- und Talfahrt, wobei der am niedrigsten liegende Bahnhof Jokkmokk (242 m) und der höchste Frostberget (433 m) ist.

Vorerst ging es ziemlich eben durch die Gegend bis wir nach 53 km den ersten Halt in Porjus, einer Station mit einem Kraftwerk erreichten. Nach insgesamt 106 km waren wir um 09.21 Uhr in dem schon erwähnten Jokkmokk. Inzwischen hatten sich Kieferwälder zu den Birken gesellt und 5 km weiter überquerten wir den Polarkreis, was natürlich mit einem kurzen Halt für Erinnerungsfotos gewürdigt wurde. Während draußen die Landschaft langsam hügeliger wird, fragte die Reiseleiterin nach den Wünschen für das Mittagessen. Es stehen 3 Möglichkeiten zur Auswahl, und ich entscheide mich für den geräucherten Saibling. Die Wünsche werden per Telefon an das Restaurant in Moskosel weitergeleitet. Da die Reise etwa 13 Stunden dauert, werden an 2 Halten Essmöglichkeiten vorgesehen.

Nach 163 km erreichen wir den Touristenort Kabodalis um 10.40 Uhr. Dieser Ort mit seinen Skiliften (die letzten Schneereste sah ich noch auf der Piste) ist insofern bedeutsam, als hier am 6.8.1937 der damalige Thronfolger Gustav Adolf den letzten Abschnitt der Inlandsbahn zwischen Jokkmokk und Ardvisjaur einweihte. Weitere 30 km weiter erreichen wir die die Piteälvsbron, eine Brücke über den Fluss Piteälv, die gemeinsam von Autos und der Bahn genutzt wird. Erst als sich die Schranken auf beiden Seiten für die Autos geschlossen hatten, konnte der Zug die Brücke passieren. Um 12 Uhr erreichen wir nach 225 km den Bahnhof Moskosel, wo wir 30 Minuten Pause für die Einnahme des Mittagsessen machten. Im Bahnhof befindet sich auch ein Museum über die Inlandsbahn.

48 km weiter haben wir in Arvidsjaur einen technischen Aufenthalt von 20 Minuten. Hier gibt es auch einen Anschluss an das Netz der SJ. Der Aufenthalt diente wohl, um die Treibstoffvorräte zu ergänzen. Zuvor ist mir schon aufgefallen, dass es in den Wäldern teilweise größere Brachflächen gibt. Wobei nicht klar ersichtlich war, ob diese von Rodungen oder Waldbränden stammten. Im Jahr 2018 war Schweden von größeren Waldbränden betroffen. Aufforstungen waren jedenfalls nicht ersichtlich.

Nach dem Fahrtrichtungswechsel führt die Strecke nun durch etwas hügeligeres Gelände ungefähr 90 km Richtung Westen. Während im Norden immer wieder Langsamfahrstellen das Tempo ein bremsten, konnte hier der Triebwagen längere Zeit flott unterwegs sein. Ob er die Höchstgeschwindigkeit von 105 km/h erreichte, konnte ich nicht feststellen. Jedenfalls ist mir aufgefallen, dass schon im Norden alle wichtigen Straßenkreuzungen entweder im Blinklicht oder gar mit Schranken gesichert waren. So erreichten wir Sorsele (km 362) jedenfalls vor dem nordwärts fahrenden Zug. Zum Besuch des 2. Museums der Inlandsbahn ist hier ein Aufenthalt von 15 Minuten vorgesehen. Dieser Bahnhof ist auch mit Signalen gesichert und besetzt.

Pünktlich um 14.40 Uhr ging es weiter auf den 2. Abschnitt. Durch Kiefern- und Birkenwälder, vorbei an Seen und über Brücken von Flüssen ging es weiter nach Storuman (km 434). Das Abendessen war auch bestellt. Ich wählte einen Wurstteller, wobei ich mich dann wunderte, dass es keine Beilagen dazu gab. In Storuman stiegen einige Fahrgäste zu. Die folgenden 65 km ließen sich nicht so schnell zurück legen, da wir dafür fast eine Stunde brauchten. In Vilhelmina Norra, einem Haltepunkt neben einen Rasthaus an der Straße gab es dann das schon erwähnte Abendessen mit einem 45 minütigen Aufenthalt. Um 17.17 Uhr ging es weiter nach Vilhelmina (km 502), wo es einen gewissen Fahrgastwechsel gab.

Über Dorotea (km 558 und Hoting (km 579)  ging es weiter nach Ulrikksfors (km 631). Langsam sah man nun auch wieder landwirtschaftliche Betriebe links und rechts der Strecke. Diesen Bahnhof verließen  wir um 19.30 Uhr und  erreichten über Jämtlands Sikas (km 666) Lit (km 718), den letzten planmäßigen Halt vor Östersund Västra. Auffallend war hier, dass der Fahrplan doch einige Reserven beinhaltete, weil wir einen Aufenthalt von fast 10 Minuten einlegten, um mit der Plan Abfahrt um 20.44 Uhr weiterzufahren. In Jamtir wurde außerplanmäßig gehalten, um eine Jugendgruppe aufzunehmen. Die letzten Kilometer waren wir sehr flott unterwegs. Nach Halt in Östersund Västra erreichten wir den Hauptbahnhof in Östersund knapp nach 21 Uhr (planmäßige Ankunft um 21.24 Uhr und 746 km Fahrstrecke lagen hinter uns.

Während der Fahrtwind für angenehme Kühle sorgte, erwartete mich in Östersund eine schwüle Hitze. Zu meinem Hotel hier, dem Hotel Östersund, waren es noch 10 Minuten Fußweg, teilweise auch bergan. Im Hotel angekommen, erschlug es mich fast von der Hitze im Zimmer. Das Öffnen der Fenster nütze nicht viel, da die Abendsonne noch kräftig schien. Ich setzte den im Zimmer befindlichen Ventilator in Betrieb, besorgte mir an der Rezeption ein kühles Bier und stellte mich unter die Dusche. Danach ging es ins Bett.

Am Donnerstag, den 25.7. musste ich nach 6 Uhr aufstehen, das Frühstücksbuffet war ab 06.45 Uhr geöffnet. Danach ging es zum Bahnhof, den mein Zug startete um 07.25 Uhr. Noch kurz ein paar Worte über Östersund. Die Stadt müsste eigentlich am nordischen Wintersport interessierte ein Begriff sein. Sie liegt ziemlich genau in der Mitte Schwedens am See Storsjön. Dieser See ist der fünft größte See Schwedens und soll ein Ungeheuer ähnlich dem im  Loch Ness beherbergen.

Das Ziel meiner heutigen Fahrt ist Trondheim in Norwegen. Dazu geht es mit dem Treibwagen der Norrtåg bis zum Grenzbahnhof Storlien. Die Norrtåg ist eine Privatbahn im Besitz mehrerer vor allem  nordschwedischer Provinzen, die nördlich von Sundsvall bis Kiruna und nach Storlien den regionalen Personenzugverkehr betreibt. Die elektrischen Triebwagen der Norrtåg sind in der Regel dreizeilig und haben 118 Sitzplätze. Für 90 Plätze davon können Platzresrevierungen gekauft bzw. werden mit dem Kauf der Fahrkarte vergeben. Mit mittleren Wagen befindest sich ein Cafe Abteil, indem jederzeit kostenlos Kaffee aus einem Automaten entnommen werden kann. Hat der Schaffner seine Kontrolltätigkeiten beendet, verkauft er Snacks und andere Getränke.

Die Strecke folgt dem Tal des Inlandsälven, der in Östersund durch den Storsjön fließt und unweit Sundsvall nach mehr als 400 km in die Ostsee mündet. Allerdings geht es zuerst ungefähr 20 Minuten lang dem Ufer des Storsjön entlang: Die Landschaft wird hügeliger, und zwischen den Wäldern gibt immer wieder Bauernhöfe, die anfänglich noch einzelne Felder bewirtschaften. Später überwiegt die Grünlandwirtschaft. Der Inlandsälven erweitert sich immer wieder zu Seen, wobei nicht ersichtlich ist, ob es sich um natürliche Stauräume hält. Nach ungefähr einer Stunde Fahrzeit wird die Landschaft gebirgiger. Um 08.37 Uhr erreichen  wir Åre. Leider sitze ich auf der falschen Seite und kann nur den  großen aufgestauten See sehen. Mir bleibt der Blick auf den 1420 m Åreskutan verwehrt, der seit 1910 mit einer Standseil- und Seilbahnen erschlossen ist. Åre ist der älteste und wichtigste Wintersportort Schwedens. Bei uns ist Åre bekannt, weil dort dreimal die Ski WM ausgetragen wurde, zuletzt 2019. Weiter geht es in flotter Fahrt zum nächsten Bahnhof Duved. Hier enden die saisonalen Nachtzüge aus Stockholm, Göteborg und Malmö. Nun steigt die Strecke merklicher an. Die Kiefernwälder treten zurück und machen Birken Platz. Wir haben eine Hochebene mit Hochmooren erreicht. In der Ferne sieht man höhere Berge, die noch Schneefelder tragen. Hier erzählt mir der neben mir sitzende Passagier, dass eine Weiterfahrt auf norwegischer Seite wegen Gleisverwerfungen bis Hell im Schienenersatzverkehr erfolgen würde. Wir erreichen den auf 592 m Höhe liegenden Bahnhof Storlien, den höchst gelegenen Schwedens, pünktlich um 09.19 Uhr. Hier endet derzeit die elektrifizierte Strecke.

Es wäre also auf jeden Fall zum Umsteigen gewesen. Also geht es vor den Bahnhof. Aus der Eisenbahn Fachpresse weiß ich, dass diese Strecke, die Merakernbahn genannt wird, störungsanfällig ist, da sie teilweise im labilen Gelände gebaut wurde. Der Name stammt von 21 km von Storlien entfernten Haltepunkt Meraker. Die Strecke ist 102 km lang, wurde gleichzeitig mit der Strecke Storlien – Sundsvall gebaut und im Jahr 1881, der schwedische Teil 1882, eröffnet. Zu der Zeit befand sich Norwegen in einer politischen Union mit Schweden. Derzeit wird diese Strecke von 2 Zugpaaren täglich bedient, eines morgens und eines am Nachmittag/abends.

Vor dem Bahnhof warteten wir auf den Bus, der die Fahrgäste aus Trondheim bringen sollte. Da er auch einige Haltestellen abklappern musste, war er natürlich verspätet. Bei uns verzögerte sich die Abfahrt, weil nicht alle Fahrgäste im Bus Platz fanden und daher noch 2-3 Taxis organisiert werden mussten. Dann ging es ziemlich eben los, zuerst noch 2 km bis zur Grenze. Hier konnte man die Trasse der Bahnstrecke, die hier auch noch mit Oberleitung versehen ist, gut verfolgen. Als sich die Straße aber in Richtung Tal absenkte, verschwand die Bahn in den dichten Wäldern. Sie muss hier auf 30 km über 500 Höhenmeter überwinden, in dem sie in die Seitentäler ausweicht, während die Straße eher die Direttissima wählt.  In Guida auf 85 m Seehöhe kommen beide wieder zusammen. Wir befinden uns nun im Stjordal. Während die Bahnstrecke links des Flusses verläuft und rechts die Straße, kann man die Trasse gut verfolgen. Das Tal ist relativ weit eingeschnitten und verengt weiter talauswärts, wobei mich die Landschaft teilweise an den Schwarzwald erinnert. Bauernhöfe säumen den Fluss. Noch weiter im Westen erweitert sich das Tal wieder. Schließlich erreichen wir Hell am Trondheim Fjord, wo die Strecke in die Strecke in die Nordlandsbahn Trondheim – Bodo einmündet. Da der Zuganschluss nicht mehr gewährt ist, bringt uns der Bus direkt zum Hauptbahnhof von Trondheim, den wir mit einer Verspätung von mehr 30 Minuten erreichen. Ich erkundige mich am Fahrkartenschalter erst wegen meiner Rückfahrt und erfahre, dass der Schienenersatzverkehr erst ab Hell ist.

Bei fast 30 Grad machte ich mich danach auf den Weg in die Stadt. Da ich keinen Stadtplan dabei hatte, musste ich mich auf die Erinnerungen früherer Besuche verlassen. So gelangte ich etwas über Umwege in die Innenstadt, wo ich mich auf diese Suche nach einem Restaurant machte. Am Torget, dem zentralen Marktplatz, wurde ich schließlich fündig. Wieder fand ich keinen Fisch auf der Karte. Ich erinnerte mich aber, dass die Norweger zur Zeit des wichtigen Stockfisch Handeln gute geschäftliche Kontakte nach Spanien und Portugal pflegten und wählte deshalb eine Paella, die ja bekanntlich Meeresfrüchte enthält. Als Dessert gönnte ich mir noch einen Eisbecher. So gestärkt ging es möglichst im Schatten zum Dom, den ich schon von früheren Besuchen kannte. Danach bewegte ich mich wieder Richtung Innenstadt, auf der Suche nach einer Buchhandlung, weil ich gerne einen Skandinavien Kalender für 2020 kaufen wollte. Die Buchhandlung fand ich schließlich, dort aber keinen mir passenden Kalender. Die Hitze setzte mir nun doch zu, so dass ich beschloss, meine Schritte wieder zurück Richtung Bahnhof zu lenken. Dort versorgte ich mich noch mit Verpflegung und Getränke. Ich setzte mich auf eine Bank an meinem Bahnsteig, um bis zur Abfahrt meines Zuges um 16.50 Uhr den Betrieb zu beobachten. Der Betrieb im Hauptbahnhof ist nicht besonders umfangreich. In der Zeit, in der ich dort saß, waren es etwa 4-6 Zugbewegungen pro Stunde.

 

Mein Zug, ein Dieseltriebwagen der NSB oder der Vy, wie jetzt genannt wird und der im DB Fahrplan als D Zug geführt und von der SJ betrieben wird, kam erst zur Abfahrtszeit. Mit wenigen Minuten Verspätung ging es in flotter Fahrt mit 2 Zwischenhalten teilweise direkt am Trondheim Fjord entlang nach Hell. Da dort aber wohl nicht die ideale Umsteigemöglichkeit bestand, ging die Fahrt eine Station weiter nach Sandferhus, wo der Bus schon neben dem Bahnsteig stand.  Weil der Bus unterwegs 2 Stationen anfuhr, wobei keine Fahrgäste zustiegen, gelang es nicht die Fahrzeit des Zuges einzuhalten. Wir erreichten den Bahnhof Storlien mit ungefähr 15 Minuten Verspätung. Aber der Anschlusszug wartete. Mit 6 Minuten Verspätung verließen wir Storlien. In flotter Fahrt und wohl auch Dank Zeitpuffer im Fahrplan war der Zug pünktlich um 20.42 Uhr in Östersund Central. Im Hotel besorgte ich mir noch ein kühles Bier zur besseren Nachtruhe in meinem warmen Zimmer.

 

Am Freitag, den 26.7., meinem letzten Reisetag konnte ich ausschlafen. Nach dem Frühstück schlenderte ich durch die Innenstadt, die ich aus einem früheren Besuch, allerdings bei regnerischem Wetter, schon kannte. Hier wechseln sich traditionelle Bauwerke mit Neubauten, was vor allem für den Stortorget gilt. Gegen 11 Uhr räumte ich mein Zimmer und machte mich ein letztes Mal auf den Weg zum Bahnhof. Es galt den restlichen Teil der 358 km langen Mittbanan (in der Mitte Schwedens gelegen) zu befahren. Seit 1945 ist sie zur Gänze elektrifiziert, wobei in diesem Abschnitt auch der Güterverkehr eine größere Rolle spielt, wobei es deshalb bei Bräcke einen 30km langen zweigleisigen Abschnitt gibt.

Wahrscheinlich wegen der Fahrgäste aus Trondheim kam unser Zug aus Storlien (Plan Abfahrt 11.35 Uhr) nicht ganz pünktlich an. In der folgenden ersten Station, in Brunflo, zweigt die Inlandsbahn nach Süden Richtung Mora ab. Die Landschaft entspricht hier dem schwedischen Klischee, Leicht hügelig, Dörfer und einzelne Bauernhöfe, Gewässer in Form von Bächen und Flüssen und natürlich immer wieder Seen. Nach 2 Stationen folgen 2 größere Bahnhöfe, Bräcke und 30 km weiter Änge. In beiden Bahnhöfen zweigen Strecken ab. Nun  sind wir wieder im Fahrplan: Abfahrt in Änge 12.40 Uhr. Je näher wir der Küste kommen, werden die Hügel etwas höher. Nach 4 weiteren Halten erreichen wir um 13.57 Uhr Sundsvall Central.

Am gleichen Bahnsteig gegenüber steht schon (immer noch) der Paradezug der SJ, der X 2000, zur Fahrt nach Stockholm bereit. Wie ich es schon in Oslo erlebt habe, öffnen sich die Türen erst 5 Minuten vor Abfahrt des Zuges. Ich finde schnell meinen gebuchten Platz in der 1. Klasse. Pünktlich um 14.06 Uhr verlässt der Zug den Bahnhof. Die 400 km lange Ostküstenbahn wurde aus militärischen Gründen erst zwischen 1921 und 1927 als Privatbahn gebaut. Die Bahnstrecke ist zwischen Uppsala und Gävle zweigleisig und zwischen dem Stockholmer Flughafen Arlanda und dem Hauptbahnhof in Stockholm sogar viergleisig.  Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 200 km/h, welche aber laut der Anzeige im Zug nicht erreicht wurde. Die Maximalwerte, die ich gesehen habe, lagen bei 180 km/h. Obwohl die Strecke Ostküstenbahn heißt, liegt sie nicht direkt an der Küste. Diese wird nur den 3 Zwischenhalten bis einschließlich Gävle erreicht. Unser Zug war pünktlich unterwegs und verließ Gävle um 16.16 Uhr. Er wäre auch planmäßig um 17.38 Uhr in Stockholm Central gewesen, wenn wir nicht ungefähr 10 Minuten in der Bahnhofseinfahrt gestanden wären. Am Hauptbahnhof wurde von meiner Tochter abgeholt, weil sie im Besitz der günstigen Fahrkarte für die U-Bahn und den restlichen Nahverkehr war. Mit dieser Reise habe ich die für mich die wichtigsten Bahnstrecken Schwedens bereist. Es bleiben noch ein paar weiße Flecken in Norwegen.